letzte Dampflokbaureihen in Polen
In Polen ging die „Planzeit“ für Dampfloks einige Zeit später zuende als in Deutschland.
Aber eigentlich sogar bis heute (Stand war 2020...) nicht vollständig, wenn man das Museums-live-Bahnbetriebswerk in Wolsztyn mit einbezieht.
Anfang und Mitte der 1980iger Jahre besuchte auch Soundfreund Karl S. mit technisch hochwertigen stereo-Aufnahmegeräten das Land.
Zu dieser Zeit beschränkten sich die wenigen verbliebenenen, richtig akustisch beeindruckenden Leistungen von Dampfloks im Planbetrieb auf wenige Baureihen,
die noch in nennenswerten Stückzahlen im Einsatz waren:
Außer der Ty2/Ty42 (siehe dampfsound.de-Seiten der Baureihe 52) waren es die Ol49, Pt47, Ty43, Ty45,
natürlich die Ty51 sowie noch die vorwiegend ganz im Süden Polens eingesetzte Tenderlok-Baureihe TKt48, von der aber leider bisher nur sehr wenig bzw.
zu wenig Sound im Archiv vorliegt.
Der Einsatz dieser Lokomotiven erfolgte nicht nur bei der Staatsbahn PKP (= Polskie Koleje Państwowe),
sondern auch die oberschlesischen Sandbahnen PMP(PW)
(= Przedsiębiorstwo Materiałów Podsadzkowych Przemysłu Węglowego (in deutschen Worten: „Betrieb für Versatzmaterialien der Kohleindustrie“)
verfügten über eine beeindruckende Anzahl von schweren Güterzuglokomotiven der Baureihen Ty2, Ty45 und eben besonders der amerikanisch aussehenden und klingenden Ty51.
Die Steigungen des Sandbahn-Netzes wurden noch zu einem Hauptziel der Soundfreaks, gab es hier doch phantastisch lautstarke Bergfahrten mit schweren Lasten dieser großen
Lokomotiven mit gewaltigem Klangbild anzuhören und aufzunehmen.
Über das PKP-Baureihen-Schema, das auch die (damals ebenfalls staatlichen) Sandbahnen so nach 1945 übernommen hatten, möchte ich hier nicht zu viel Text hinterlassen, dazu kann man ausführlich in der Literatur oder auch auf den entsprechenden Internet-Seiten nachlesen. Nur zu den auf den Folgeseiten anzuhörenden Lok-Baureihen hier eine ganz „ultrakurze“ Erläuterung:
Baureihe | Großbuchstaben | kleine Buchstaben (Achsfolge) |
zwei Ziffern Konstr.-Jahr |
Ol49 | O=Personenzug-.. (osobowy) | l=1’C1’ oder "2-6-2" | 1949 |
Pt47 | P=Schnellzug-.. (pospieszna) | t=1’D1’ oder "2-8-2" | 1947 |
Ty43 | T=Güterzug-.. (towarowa) (=deutsche 42!) |
y=1’E oder "2-10-0" | 1943 |
Ty45 | T=Güterzug-.. (towarowa) | y=1’E oder "2-10-0" | 1945 |
Ty51 | T=Güterzug-.. (towarowa) | y=1’E oder "2-10-0" | 1951 |
Dieses Logo (fotografiert am Führerhaus der Museumslok Pt47-152 in Chabówka), welches dem damals - zur Zeit der Aufnahmen - aktuellen polnischen Staatswappen angelehnt war, trugen die PKP-eigenen Dampflokomotiven als Eigentumsbezeichnung auf den Seiten der Führerhäuser. Wieso „damals aktuell“? Ganz einfach: Hier fehlte natürlich die frühere und spätere Krone auf dem Kopf des Adlers, denn... schließlich war der polnische Staat nach 1945 bis zur Wende eine „sozialistische Volksrepublik“...;-).
Etwas wissenswertes zu den oberschlesischen Sandbahnen, der PMPPW:
Als „Sandbahn“ (wurden und) werden Bahnlinien bezeichnet, die Versatzmaterialien für verschiedene Baumaßnahmen transportieren. Besonders in Schlesien wurde der geförderte und transportierte Sand in großem Maß genutzt, um untertägige Hohlräume, die nach der Kohleförderung entstehen, wieder aufzufüllen. Dadurch verhindert man das Absenken des Bodens. Sofern möglich wird der Sand auf einem Abbaufeld, das sich möglichst in der Nähe der Grube befindet, gesammelt und mit der Bahn zum Einsatzort transportiert. Häufig - so auch hier in Schlesien - muss der Sand über etwas größere Entfernungen transportiert werden. Der Bedarf an viel Sand hat in Oberschlesischen Kohlerevier schon lange Tradition, daher entstanden auch die (mit eigenen Lokomotiven betriebenen) Sandbahnen schon zu alten, nämlich preußischen Zeiten.
Die PMPPW wurde 1951 gegründet, um die verstaatlichten privaten, ehemals deutschen Sandbahn-Gesellschaften in eine gemeinsame Verwaltung zu überführen.
Die neue Verwaltung übernahm von den privaten Sandbahnen das gesamte Streckennetz und den Fahrzeugbestand.
Übernommene Sandbahnen waren:
- Sandbahngesellschaft des Grafen von Ballestrem (vorm. Sandbahngesellschaft der Gräfl. v. Ballestremsch'en und Borsig'schen Steinkohlenwerke)
- Sandbahn der Schaffgott'schen Werke
- Sandbahnen der Preußischen Hütten- und Bergwerks AG
Betriebsmittelpunkt dieser Sandbahn in Oberschlesien war wie in früherer deutscher Zeit das Bahnbetriebswerk in Pyskowice (Peiskretscham). In Przechlębie befand sich eine weitere Werkstatt. In den 1990ern wurde die PMPPW von der Unternehmensgruppe PCC SE übernommen.
Baureihen-Bezeichnungen und Betriebsnummern wurden entweder von der PKP einfach übernommen oder - bei direkt neu beschafften Lokomotiven - genauso wie bei PKP vergeben und im Planverkehr zumindest angeschrieben, jedoch entfiel das PKP-Abzeichen (mit dem Adler). Auf vielen Fotos kann man an dieser Stelle nur ein leeres Feld an den Führerhaus-Seitenwänden erkennen.
An der Museumslok TKz211 (in Warschauer Museum!), einer „Tierklasse“-Lokomotive der PMP (= analog zur deutschen HBE- später DR -Baureihe 99.66), ist ein einfaches „PMP“-Schild zu finden, welches sozusagen der Standard-Anschriften der Staatsbahn-Lokomotiven nachempfunden wurde. Ob so eine Eigentumsbezeichnung an weiteren, späteren Ty2, Ty45 oder Ty51 zu finden war, ist nicht bekannt. Aber da schon hier das „Z“ ja eigentlich ein kleingeschriebenes „z“ sein müsste, habe ich da meine Zweifel... .
Die ehemalige Elektrolok "3E/1-68" (=analog zur PKP-Baureihe Et21) war/ist dagegen mit dem Logo der Bergbau-Firma, nämlich den gekreuzten Hämmern gekennzeichnet. Ob Dampflokomotiven der PMP möglicherweise auch dieses passendere, nette Abzeichen trugen, ist wohl noch zweifelhafter, aber... mir auch unbekannt.
Hier noch eine Übersicht zu dem Streckennetz der PMPPW in und um die Sandgruben bei Kotlarnia: Die am häufigsten aufgesuchten Sound-Aufnahmeorte lagen im linken, oberen Bereich dieser Skizze, nämlich im Westen bei Ortowice und Kotlarnia selbst sowie „ganz oben“ im Norden bei Pyskowice.
Zunächst ist hier auf den folgenden Seiten sehr schöner Sound von vier der letzten in Polen noch im planmäßigen Betriebsdienst
eingesetzten Dampflokbaureihen anzuhören. Ob später noch mal auch die Tenderlokbaureihe TKt48 und die bekannte Ty43 (alias deutscher Baureihe 42) folgen,
hängt davon ab, wieviel akustisches Material ich in der nächsten Zeit dafür zusammensammeln kann.
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